Brauchen Social Media Manager Kommunikationstheorien?

Christian Spließ, Social Media Storyteller: Die aktuellen Debatten beim Bereich Social Media Manager und was dieser an Grundanforderungen leisten muss – Unternehmen fordern momentan ja tatsächlich die eierlegende Wollmilchsau in Stellenbeschreibungen – berücksichtigen meiner Meinung nach nur den Aspekt, bei dem es um die Tools geht. Aber ist ein theoretisches Verständnis von Kommunikation nicht genau so wichtig? Braucht man nicht eigentlich auch eine Grundlagenschulung der Kommunikationstheorien für den Job des Social Media Managers?

Dass Menschen miteinander kommunizieren können ist eines der größten Wunder dieses Universums. Denn wenn man sich mal die Angelegenheit genauer betrachtet, dann stellt man fest, dass viele Dinge schiegehen können und generell auch im Alltag einfach mal schief gehen. Da wird die Insichgekehrtheit des Morgenmuffels, der momentan halt noch nicht so munter ist, gerne als Arroganz ausgelegt. Die Information, dass etwas Grünes in der Suppe ist verleitet die Ehefrau zum schnippischen „Na, dann geh doch bei deiner Mutter essen“ – obwohl man sich eigentlich nur darüber freute, dass mal was Grünes statt was Rotes in der Suppe drin ist. Wenn ich mir immer die Artikel von Brigitte Jülich hier in den Steadynews durchlese, die sich mit diesem Thema ja beschäftigt, dann staune ich immer wieder darüber, dass Kommunikation so im Großen und Ganzen einfach funktioniert.

Aber moment, werden Sie jetzt einwenden: Social Media ist doch Twitter, Facebook und Co. Das ist doch nur Software. Die muss ich doch nur zu beherrschen wissen und schon kann ich loslegen im Social Web. In einem Punkt haben Sie da durchaus Recht: Sie könnten sofort loslegen, wenn Sie die technischen Fähigkeiten erlernt haben – aber steckt bei Social Media nicht schon im Begriff das Wort „sozial“ drin? Sicherlich sind die Fertigkeiten für die Anwendung von Werkzeugen gegeben. Die Fähigkeiten aber – das ist dann doch noch eine andere Geschichte. Die Beispiele könnte man nicht an einer Hand abzählen, die beweisen, dass gerade der soziale  Aspekt und die Information darüber wie Kommunikation funktioniert von größter Wichtigkeit bei einer Social Media Kampagne ist: United Breaks Guitars, Greenpeace versus Kitkat, Teldafax… Man muss wissen, wie Kommunikation funktioniert um Menschen begeistern zu können. Längerfristig. Es nutzt ja nichts, wenn der Facebook-Fan sich nach dem Ende des Gewinnspiels sofort wieder abmeldet, weil er genau seinen Vorteil gesucht hat, der jetzt nicht mehr gegeben ist.

„Wir irren uns voran“: Kommunikation ist ein Tango

Das Berufsbild des Social Media Managers bedeutet zwar auch, dass man in seinem Büro sitzt und am Computer arbeitet. Aber selbst in der Firma müssen Sie ja mit anderen Menschen kommunizieren – ob einfach mal ein Pläuschchen im Raucherzimmer, per Mailanweisung, per Formular – im Grunde ist das alles Kommunikation. Und mehr oder weniger bekommen wir das täglich auch so hin. Sternberg prägte den schönen Satz: „Wir irren uns voran“ – und bei der Kommunikation ist das durchaus so. Es ist ein ständiger Tango, ein Austangieren, ein Rangieren auch von Zielen – ich will was, aber der andere will ja auch immer was, wenns passt, super, wenn nicht, Konflikt – kurz: Es kann gut gehen, aber auch schief gehen.

Gerade im Internet ist es wichtig, Grundlagen der Kommunikationstheorie zu kennen. Denn hier fällt ja die verbale Kommunikation komplett weg. Da ist ein Kommentar auf der Facebook-Seite: Ist der jetzt sarkastisch oder ernst gemeint? Witzelt da nur jemand rum oder greift der frontal an? Notfalls habe ich noch einen Smiley als Anhaltspunkt aber sonst? Haben Sie noch gar nicht drüber nachgedacht, richtig? Das wird einem auch immer erst dann bewußt, wenn es schief geht – notfalls muss man als Social Media Manager auch nachfragen, wie es denn gemeint gewesen ist um das zu klären, aber das kann man auch nicht immer. Bei der nonverbalen Kommunikation hängt man halt immer etwas in der Luft. Das Thema Gestik hat Brigitte Jülichgenerell in den Steadynews ausgiebig behandelt..

Blättere ich aber momentan durch die Fortbildungen zum Social Media Manager – die Business Academy Dozenten haben gerade getagt und das Thema wird sicherlich in irgendeiner Form in Dortmund auch vorkommen – so fällt mir auf, dass viel auf die Tools Wert gelegt wird. Weniger auf die Modelle der Kommunikationsforschung. Natürlich, wenn man die Zielgruppe definiert hat und man weiß, wo die sind weiß man auch wie man sie ansprechen sollte – aber das ist ja nur ein Aspekt von Kommunikation. „Den Konsumenten als Kundenbotschafter gewinnen“ las ich kürzlich in einer Beschreibung. Das klingt wirklich total imposant und wichtig. Dann sollte ich aber auch wissen, wie ich mit dem Kunden kommunizieren muss, welche der Kommunikationskanäle welche Schultz von Thun definierte für Social Media wichtig sind. Wenn ich als Social Media Manager coache – was ich auch tue – dann muss ich wissen, welche Stile in der Kommunikation vorhanden sein können. Wie die Fallen sind, die Watzlawick definiert hat. Dass Ratgeber für Führungskräfte zur Gesprächsführung halt mitunter nicht so toll sind – so Sternberg.

Tools ja – aber Theorie nicht vergessen

Bei aller Verliebtheit in die Werkzeuge des Social Media Sektors – sie sind großartig, ohne Frage, ohne sie gäbe es den Berufszweig sicherlich nicht – ich kann mir den teuersten Hammer kaufen, er nutzt mir nichts wenn er in der Ecke verrostet weil ich nicht weiß, wie ich den Nagel in die Wand bekomme. Es ist daher nicht verkehrt, die Grundmodelle der Kommunikationstheorie zu kennen. Von daher empfehle ich: Schauen Sie mal in „Miteinander reden“ – zumindest Band 1 und 2 – oder in die „Anleitung zum Unglücklichsein“ von Watzlawick sowie den Folgeband hinein. Schaden kann es eh nicht, denn dann wissen Sie wenigstens, warum Männer in der Regel so einsilbig werden wenn die Frauen fragen: „Schatz – findest du eigentlich, ich bin zu dick?“ (Wir können da echt nur verlieren, glauben Sie es mir…)

3 thoughts on “Brauchen Social Media Manager Kommunikationstheorien?

  • Reply Blogposting 08/20/2011 « Nur mein Standpunkt 20. August 2011 at 12:31

    […] Brauchen Social Media Manager Kommunikationstheorien? | Steadynews […]

  • Reply Udo Pasch 22. August 2011 at 18:25

    Hallo Christian,

    Du bringst es mal wieder auf den Punkt. Aber eins noch vorweg: Das gesagte gilt natürlich analog für die Kommunikation per E-Mail! Oft wissen wir nicht ob Konfrontation oder einfach nur trocken und sachlich kommuniziert wird und reagieren instinktiv. Also lieber öfter mal nachfragen – bei E-Mail zum Beispiel per Telefon – als gleich ins Fettnäpfchen zu treten. Bei Social Media ist das nicht anders. Hier gibt es bei Facebook, Twitter und Co. aber durchaus weitere Möglichkeiten, da diese im Gegensatz zu E-Mail keine 1:1-Kommunikation darstellen. So könnte ein Social Media Manager beispielsweise für kurze Zeit auf die Reaktion/Kommentare anderer User warten und derweil eine passende Strategie für das eigene Handeln erarbeiten. Im Übrigen muss auch nicht immer auf jede Aktion zwangsweise eine Reaktion erfolgen. Aus meiner Sicht sollte der zukünftige Social Media Manager ein guter Stratege aber vor allen Dingen zugleich auch Moderator sein. Technik und Software sollten in erster Linie nur Mittel zum Zweck sein.

  • Reply Christian Spließ 23. August 2011 at 15:26

    Hallo Udo,
    danke für Deine Ergänzungen. Natürlich greifen die Kommunikationstheorien und -modelle bei der gesamten Kommunikation – Watzlawick unterscheidet bewußt zwischen Analoger und Digitaler. (Verbal, nonverbal.) Gelassenheit ist natürlich auch eine Fähigkeit, die man haben sollte, die erwirbt man aber mit der Zeit. Und es kommt noch darauf an, was das Unternehmen selbst festgelegt hat – in den Guidelines, der Policy wird dann ja direkt beschrieben wie man sich im Falle des Falles zu verhalten hat. Dass Technik nur Mittel zum Zweck sein sollte, darin sind wir vollkommen dacore. 😉

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