Social Media Buch Teil 19: Best Practice Beispiele für Facebook

Bei Facebook mitzumachen, ist nicht schwer: Konto erstellen, Profil bearbeiten, Freunde einladen – und anfangen zu kommunizieren. Doch um Facebook effektiv im Marketing einzusetzen, muss man schon tiefer in die Philosophie des sozialen Netzwerkes eindringen, das heute schon von der Mitgliederzahl her das „drittgrößte Land der Welt“ ist. Facebook ist privat, bei Facebook will man sich unterhalten, will sich amüsieren, will Fotos und Videos, will Spiele, Fun und Small Talk – und darauf sollte man als Anbieter Rücksicht nehmen, um effektiv zu werben. Hier ein paar Best Practice Beispiele, um sich Inspirationen zu holen.

Best Practice Beispiel 1: der OTTO-Konzern

OTTO fing schon sehr früh an, die Bedeutung von Social Media zu verstehen – und konsequent umzusetzen. Das Unternehmen, das es jetzt seit 60 Jahren gibt, begann seine interaktive Kommunikation mit einem Blog (Start Juni 2009), das ganz auf Fashion setzte und einen sehr persönlichen Stil pflegt. TwoForFashion wird von zwei Redakteurinnen gepflegt, und man hat den Eindruck, dass der Konzern den Damen bewusst viel freie Hand lässt. Die Beiträge sind persönlich, wirken authentisch, ungezwungen, entsprechen den Trends und Vorlieben junger Mädchen. Plumpe Werbung für OTTO-Produkte findet man nicht, was ja auch bei Modeartikeln nicht so nötig ist – das lässt sich immer gut elegant einfügen in die Reportagen…
OTTO-Blog TwoForFashion

Auch bei Twitter war OTTO schon seit Sommer 2009 aktiv. Es twittern vier Redakteure und der Kundendienst. Im Juni 2011 folgen 19.200 Follower dem Twitter-Account, was kein Wunder ist: bei Fragen, Beschwerden, Wünschen und Unsicherheiten wird rasch geantwortet. Die Kunden fühlen sich persönlich ernstgenommen – über Twitter bietet OTTO einen Kundenservice an, der einfach nur vorbildlich genannt werden kann. Auch wenn die meisten „normalen“ Kunden in Deutschland Twitter nicht nutzen, lohnt sich der Account – fast 20.000 Follower sprechen eine deutliche Sprache – denn auch IT-Experten, Web 2.0-Insider, Journalisten und Marketing-Leute kaufen sich Mode…
OTTO bei Twitter: Twitter@otto_de

Bei Facebook hat OTTO zwischenzeitlich (Juni 2011) 210.000 Fans. Die OTTO-Facebook Fanpage setzt auf den Spiel- und Freizeittrieb der Facebook-Community. Immer wieder kann über erwas abgestimmt werden, können Modetrends geteilt werden, wird gewonnen und gespielt. Junge Mädchen und Jungen werden zu Fotoshootings eingeladen, es gibt jede Menge Wettbewerbe und viel zu stöbern. Auch hier sind zwei Mitarbeiter  für die Redaktion verantwortlich, beantworten geduldig jede Kundenanfrage und nehmen Kritik ernst. Da am Wochenende die Redaktion frei hat, häufen sich schon einmal die unzufriedenen Posts (online shoppen tut man ja gern am Wochenende…) doch OTTO scheint bewusst sowohl bei Twitter als auch bei Facebook die Wochenenden ruhen zu lassen – vielleicht, weil eine Vertretung Unruhe in das CI der verantwortlichen Redakteure bringen würde…
Otto bei Facebook Facebook Fanpage OTTO

OTTO nutzt Social Networks auch für das Recruiting: zwei Mitarbeiter durchstöbern täglich XING und soziale Netzwerke nach geeigneten Mitarbeitern. OTTO hat bei Facebook eine attraktive Karriere Seite:
OTTO bei Facebook mit der Karriereseite: OTTO Group Karriere

Natürlich ist auch YouTube im Social Media Marketingmix. Seit Januar 2011 findet noch weit mehr statt als die Einstellung von Werbevideos. Nun kann der der OTTO-Fan auch bei YouTube interaktiv mitmachen, kann raten, welchen Song Yvonne Catterfield in dem Video gerade hört, kann Bonusmaterial zu einer bei Pro7 ausgestrahlten Serie (die von OTTO gesponsert wird) erhalten, kann Produktinformationen erhalten und kurze Werbespots zu Produkten sehen
OTTO bei YouTube: Der OTTO-YouTube Kanal

Das, was OTTO von vielen anderen größeren Unternehmen unterscheidet, ist die Ernsthaftigkeit, Sorgfalt, Professionalität und Konsequenz der Aktivitäten. OTTO sponsert auch Web 2.0-Konferenzen (BarCamps), kann zuhören, ist authentisch und empathisch gegenüber ihrer Zielgruppe. Wenn man vergleicht, was die Schulung der Redakteure und die Pflege der Social Media Aktivitäten monatlich kostet – und wie hoch der Gewinn gegenüber den Wettbewerbern ist, die zögernd mit ihrem Budget und der Öffnung ihrer Unternehmenshierarchien sind, überzeugt die Philosophie des Mode-Konzerns auf jeden Fall.

Beispiel 2: Rügenwalder Mühle

Rügenwalder Mühle ist ein Familienunternehmen im Bereich der Wurstherstellung mit fast 400 Mitarbeitern. Im Social Media machte die Rügenwalder Mühle Schlagzeilen, als sie im August 2010 Wursttester über Facebook suchte. Genial war diese Kampagne durch das begleitende Video, das Rügenwalder gemeinsam mit einer Agentur und dem Comedy-Duo Mundstuhl produzierte. In dem Video, das bis heute bei YouTube fast 150.000 mal angeklickt wurde, essen verschiedene Wursttester bei einem Looping-Flug Bockwürstchen und bekleckern sich mit dem Wurstwasser – Fazit des Videos: „Schluss mit Wurstwasser – Wurstwasser braucht kein Mensch“

In der Zwischenzeit gibt es mehrere Kampagnen des Wurstherstellers aus Pommern: Fans bei Facebook können Wursttester werden, Wurstrezepturen kreieren – und die Community voted für die leckersten Würste. Zwar hat die Facebook-Fanpage von Rügenwalder Mühle „nur“ 18.000 Fans – doch für ein mittelständisches Familienunternehmen ist das ein großer Erfolg. Im Vergleich zu Fernsehwerbespots auch günstig – und Rügenwalder verbindet Werbung mit Marktforschung – und bindet eine junge Zielgruppe an sich, die „Wurst“ ja eher mit veralteten Geschmäckern in Verbindung bringen würde…

Die Video-Kampagne war natürlich ein Highlight, da sich nicht beliebig oft wiederholen lässt – und bei Twitter folgen auch nur wenige dem Ruegenwalder-Account – doch trotzdem ist dieses Beispiel spannend. Was allerdings fehlt, ist die Offenheit und Transparenz eines Unternehmens, das auch seine Mitarbiter aktiv mit einbezieht in den interaktiven Dialog mit den Wurstfans. Rügenwalder beschäftigt eine Agentur, die die PR-Aktivitäten organisiert und durchführt – das macht sich bemerkbar – die Authentizität wie bei OTTO kann so einfach nicht erreicht werden.
Rügenwalder bei Facebook: Die Rügenwalder-Fanpage

Rügenwalder bei YouTube: Der Rügenwalder-Kanal

Rügenwalder bei Twitter: Twitter@ruegenwalder

3. Beispiel: Babydreamers – und die Federwiege Nonomo

Babydreamers ist ein StartUp aus Gelsenkirchen, das erst seit etwa einem Jahr am Markt ist. Das Produkt der jungen GbR (die Inhaber sind ein Ehe- und Elternpaar) ist Nonomo – eine Federwiege für Babys. Federwiege bedeutet, dass die Babys darin schon durch geringe Bewegungen sich selbst sanft zum Schaukeln bringen. Die Nonomo wird an der Decke aufgehängt und wippt und wiegt und schaukelt das Baby, so dass es sich rundum geborgen fühlt. Dass die Nonomo auch noch aus physiotherapeutischer Sicht ideal für den Rücken ist, trägt noch mehr zum Erfolg bei – die Nonomo spricht sich bis heute unter jungen Eltern herum, wird in Kliniken empfohlen und bei Hebammen, Ärzten und Physiotherapeuten verwendet.

Trotzdem ist es noch einmal großartig, was Angela und Robin Koszewa über Facebook an Marketing leisten: Innerhalb weniger Wochen erreichte die Fanpage mehr als 1.000 Fans. Wie so oft begann alles mit einem Gewinnspiel und wurde schnell eine persönliche Austauschseite für Eltern – vor allem Mütter – und Angela Koszewa.

Die junge Unternehmerin berichtet von ihren Erlebnissen sowohl beruflich als auch privat, sie stellt Fotos ein, gibt Tipps, bettet niedliche, lustige Videos ein, erzählt von ihrer Familie und bleibt bei allen Beiträgen „zum Anfassen“ – ist eben selbst sympathische Mutter eines kleinen Sohnes. Das Beispiel der Babydreamers zeigt, dass auch kleine Unternehmen Facebook nutzen können, um sich viral zu verbreiten und ein Branding aufzubauen – doch es braucht Sorgfalt, Zeit, Liebe und Authentizität.
Babydreamers bei Facebook: Der BabyDreamersShop

Um bei Facebook erfolgreich zu sein, muss man sympathisch erscheinen, muss mit den Fans lachen und weinen, muss ihnen zuhören und ihnen Aufmerksamkeit schenken. Man muss etwas Besonders sein im Wust der Vielen, muss sich deutlich abheben und als „Type“ erkennbar sein. Auch OTTO ist eine „Type“, das Social Media Branding des Konzerns heißt: jung, unkompliziert, MTV-locker, großzügig, frisch, natürlich, nett zu den Mitarbeitern.

Bei Rügenwalder war das sympathische Branding vor allem Mundstuhl zu vedanken  – wenn das Unternehmen in diesem Stil weitermachen kann, werden sie sicher erfolgreich bleiben – doch wenn sie einfach nur ein Budget an eine Agentur weitergeben, ohne selbst „Herzblut“ in die virtuelle Welt zu stecken, wird es verblassen.

Und Babydreamers hat das große Glück, ein hochemotionales Thema zu besetzen. Süße Babys sind für Frauen ebenso attraktiv wie sexy Frauen für Männer – hier bieten sich unendlich viele Möglichkeiten, durch Kampagnen Fans zu gewinnen und an sich zu binden – hoffentlich bleibt dem Unternehmerpaar genügend Zeit hierfür – denn Facebook ist hier auf jeden Fall Chefsache – es wäre unmöglich, die Aktivitäten bei Facebook an eine/n Mitarbeiter/in abzugeben – dann wäre der Zauber verflogen…

 

 

 

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